Auch wenn niedrige Leitzinsen für Kreditnehmer interessant sein mögen, kann dies bei anderen Finanzprodukten echte Probleme mit sich bringen. So wackelt aktuell das kostenfreie Girokonto.

Die Finanzkrise der Jahre 2007/2008 liegt zumindest gefühlt schon lange hinter uns. Trotzdem ist es an den Kapitalmärkten nicht wirklich ruhig geworden. Besonders die Staatsschulden haben in den letzten Jahren regelmäßig Ökonomen beschäftigt. Und über Jahre hat man zusehen können, wie die Zentralbanken – allen voran die EZB (Europäische Zentralbank) – an der Zinsschraube gedreht haben. Zuletzt sorgte die EZB mit ihrer Zinssenkung auf 0 Prozent für Aufsehen. Das Problem: Was die Wirtschaft in der Eurozone ankurbeln soll, ist für Verbraucher eine Herausforderung. Gerade das Zinssparen ist in den letzten Jahren zunehmend schwerer geworden.
Die Zentralbank wird für ihre Entscheidungen und die Auswirkungen einer „Politik des billigen Geldes“ immer wieder kritisiert. Denn die Folgen bekommen derzeit Sparer massiv zu spüren. Betrachtet man beispielsweise die Entwicklung der Guthabenzinsen für Einlagen mit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten, hat sich das Zinsniveau laut Bundesbank zwischen Februar 2015 bis Februar 2016 um etwa ein Drittel reduziert. Mittlerweile ist die Entwicklung so dramatisch, dass Banken sogar einige der bislang kostenlos angebotenen Leistungen abschaffen wollen. Aktuell geht es an dieser Stelle unter anderem um das Girokonto. Auf was werden sich Bankkunden hier einstellen müssen? Wird bald auch das Abheben von Bargeld am Automaten Geld kosten?
EZB-Leitzinsen und ihre Wirkung

In letzter Zeit wird immer wieder über die Europäische Zentralbank und deren Zinspolitik geredet. Klar ist, dass der niedrige Leitzins für alle Verbraucher Folgen hat – und zwar negative als auch positive. Allerdings verschließt sich vielen Bürgerinnen und Bürgern der genaue Grund, warum beispielsweise das Sparen schwieriger wird oder Banken den Gürtel enger schnallen.
Über Refinanzierungsinstrumente ermöglicht die EZB beispielsweise Banken, sich mit Liquidität zu versorgen. Ist dieses Geld billig, sind die Institute nicht auf das Vermögen des „kleinen Mannes“ angewiesen. In den letzten Jahren war deshalb nach jeder Zinsentscheidung der EZB ein deutliches Minus bei den Sparzinsen, etwa für:
– Sparbuch
– Tagesgeld
– Festgeld
zu spüren. Letztlich sind von einer negativen Entwicklung bei Anlagezinsen und Renditen nicht nur Sparer betroffen. Auch institutionelle Anleger wie Versicherungen sitzen in diesem Boot. Gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren auch deutlich gezeigt, dass Verbraucher von dieser Politik profitieren können.
Der Grund: Die Banken haben den Sollzins ihrer Kredite nach unten angepasst. Dieser offensichtliche Pluspunkt wirkt sich inzwischen auf die Banken nachteilig aus.
Wie wirkt sich das auf Girokonten und ihre Gebühren aus?
Der Grund dafür, dass Banken sich einem zunehmenden Spannungsfeld gegenübersehen, ist das sogenannte Zinsdifferenzgeschäft. Hierbei handelt es sich um einen recht einfachen Zusammenhang: Banken bekommen Geld von Kunden (Sparbuch, Tagesgeld etc.), das sie niedrig verzinsen. Gleichzeitig verleihen die Kreditinstitute Darlehen, welche mit einem höheren Kreditzins belastet werden.
Hierdurch entsteht der Bank ein Zinsgewinn (Sollzins aus dem Kredit minus Guthabenzins) – das Plus aus dem Zinsdifferenzgeschäft. Aber: Da der Guthabenzins bereits extrem niedrig ist und die Kreditzinsen in letzter Zeit ebenfalls fielen, reduziert sich der Ertrag aus dem Zinsdifferenzgeschäft, welche letztlich eine wichtige Einnahme der Banken ist. Dieses Marktumfeld hat umso stärkere Auswirkungen, je weniger sich eine Bank im Investmentbanking engagiert.
Im Ergebnis schrumpfen die Einnahmen der Kreditinstitute. Die Folge: Entweder werden die Kosten des operativen Geschäfts – etwa durch Entlassungen – reduziert oder an anderer Stelle Einnahmen generiert. Dies führt ganz zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass derzeit noch kostenfreie Leistungen der Banken in Zukunft auf dem Prüfstand landen können. Und was dies bedeutet, dafür reicht die Fantasie der meisten Bankkunden wahrscheinlich aus.
Gibt es noch kostenlose Konten?
Bislang war im Zusammenhang mit der EZB-Politik vor allem von den Auswirkungen auf die Spareinlagen die Rede. Seit einiger Zeit kursieren aber immer ungewöhnlichere Ideen in den Medien und in der Branche. Eine der wahrscheinlich kuriosen Ideen ist das sogenannte „Helikoptergeld“. Hierbei geht es darum, dass Geld schlicht verschenkt wird, um so die Wirtschaft – durch eine höhere Verbrauchernachfrage – anzukurbeln.
Das Ergebnis – so zumindest die Idee – sind Wirtschaftswachstum und höhere Preise. Beides liegt im Interesse der EZB. Auf der anderen Seite denkt man bei Banken inzwischen immer stärker darüber nach, das kostenlose Girokonto unter den Tisch fallen zu lassen. Bei einigen Kreditinstituten hat man dieses Angebot schon länger aus dem Programm genommen. Andere Banken halten zwar noch daran fest, planen allerdings – so legen es zumindest Medienberichte nahe – bereits den Ausstieg. Nach Internet-Informationen aus dem Kontovergleich gibt es aktuell noch einige Direktbanken, die kostenlose Girokonten zur Verfügung stellen.
Letztlich bleibt es scheinbar nur eine Frage der Zeit, bis man sich als Verbraucher auf Kontoführungsgebühren – und zwar flächendeckend – einstellen muss. Vorerst scheint es hier aber nur um die Kontoführungsgebühren zu gehen. Ob es zum Gebührenschock etwa bei Bargeldverfügungen am Automaten kommt, bleibt letztlich abzuwarten. Hier werden wahrscheinlich nicht nur die Banken, sondern eventuell auch die Gerichte ein Wörtchen mitzureden haben. Vorerst findet man aber noch Konten ohne Kontogebühren.